Das Pferd:
Oldenburger Stute, verstorben
Charakter:
Sensibel, zurückhaltend, damenhaft, sehr fein und vorsichtig, manchmal auch verschlossen.
Beim Reiten regte sie sich des öfteren über Kleinigkeiten auf.
Ausbildungsstand/Training:
Dressur bis Kl. A und Springen bis Kl. E auf dem Turnier erfolgreich vorgestellt.
Gymnastische Arbeit über Stangen, Longe und Ausritte.
Als Ersatzreiter und Urlaubsvertretung lernte ich die damalig 9 jährige Newa kennen.
Halsringreiten:
Während einer Urlaubsvertretung, in der wir uns schon angenähert hatten, wollte ich Newa Abwechslung und etwas Neues bieten.
Wir starteten mit Sattel und Trense. Da "Bremse und Lenkung" mit dem Halsring innerhalb kürzester Zeit funktionierten, machte ich die Zügel ab. Mit einem guten Gefühl beendeten wir die Reitstunden.
Am nächsten Tag starteten wir ohne Sattel, aber mit Trense ohne Zügel. Newa war zugänglich und machte innerhalb kürzester Zeit alles mit, als hätte sie nie etwas anderes kennengelernt. Um uns nicht zu langweilen, begann ich spielerisch mit den Seitengängen. Nach ein paar Tritten seitwärts im Trab zeigte sich genau das gleiche Problem, wie beim "normalen" Reiten. Sie begehrte gegen die - in diesem Fall eigentlich abwesende - Hand auf, in dem sie den Kopf schüttelte und aus dem Seitwärtsfluss ausbrach. Das wollte sie so nicht.
Nach einer Entspannungsphase beruhigte sie sich. Ein zweiter Versuch: weniger Tritte seitwärts, gleich wieder in die Vorwärtsbewegung und dann noch mal wenige Tritte seitwärts. Sie lief flüssig durch diese Übung - Pause und Lob folgten sofort.
Wirkung des Halsringreitens auf das "normale" Reiten
Tags darauf ritt ich Newa wieder normal mit Sattel und Trense. Zu meinem Erstaunen zögerte sie nicht, vertrauensvoll an die Hand heranzutreten. Das war neu. Während sie vor den Halsringreiten die Verbindung zur Hand instabil hielt, suchte sie nun entspannt und vertrauensvoll eine leichte Anlehnung.
Auch die Seitengänge, die bis dahin mit ihr immer wieder leicht problematisch waren, verliefen fast reibungslos.
Die positive Veränderung wurde auch von der Besitzerin bestätigt.
Wichtig:
Das Halsringreiten eröffnete Newa die Chance, ihre körperliche Balance unter dem Reiter im Seitengang zu finden.
Es zeigt aber auch, dass die Ausbildungsschritte zu den Seitengängen vorher nicht im Sinne des Pferdes aufgebaut waren. Es war versucht worden, mit "mehr desselben Mittels" beim Reiten ein Defizit zu beheben. Vielleicht wäre "anders" - eine andere Herangehensweise - mit kleinen Schritten, Arbeit an der Hand und Lob, besser gewesen, um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen.
Newa erinnerte mich deutlich daran, dass fehlende Balance in der Bewegung das innere Gleichgewicht empfindlich stört. Damit einhergehend nimmt es dem Pferd die Möglichkeit, dem Reiter offen zuzuhören.