Das Pferd:
Hannoveraner Wallach, jetzt Rentner
Charakter:
Sensibel, dabei höchst eigenwillig. Er wollte immer "das letzte Wort" haben und versuchte ständig, die Grenzen zu seinem Vorteil zu verschieben. Seine Lieblingsfrage könnte gewesen sein: "Muss ich das wirklich tun?"
Ausbildungsstand/Training
In seiner Jugend ist er sehr erfolgreich als Springpferd auf Turnieren vorgestellt worden.
Charly und ich fingen an miteinander zu arbeiten, als er ca. 12 Jahre alt war.
Hatte er in der Dressur nur annähernd das Gefühl, unter Druck gesetzt zu werden, fing er mit wildem Kopfzucken oder kerzengeradem Steigen an. Bevor er aufgrund einer Spaterkrankung in Rente ging, lief er im Training die Lektionen in Dressur bis Kl. L sicher.
Seine Arbeit wurde in unserer gemeinsamen Zeit zunehmend abwechslungsreicher: Ausritte, Longe, Doppellonge, Freilaufen, leichte Springgymnastik, Arbeit über Stangen, Halsringreiten.
Halsringreiten
Charly war erst das zweite Pferd, das ich mit Halsring ritt. In ganz kleinen Schritten gelang es uns, alles, was wir in der Dressur unter dem Sattel beherrschten, auch am Halsring zu entwickeln (Videoaufzeichung).
Wir übten Schenkelweichen im Schritt und Trab, Vor- und Hinterhandwendung (kein Kurzkehrt), halbe Tritte, Schultervor und Verstärkungen im Trab und Galopp. Wir drehten entspannt auf der Galoppbahn unsere Runden.
Höhepunkt war unser Auftritt mit dem Halsring beim Weihnachtsmärchen (Videoaufzeichnung).
Wirkung des Halsringreitens auf das "normale" Reiten
Das Halsringreiten hatte unsere Abstimmung derart verfeinert, dass ich leichter spüren konnte, wenn er auf dem Weg war, sich neue Freiräume zu suchen. So war es mir möglich, seine Lieblingsfrage "Muss ich das wirklich tun?" gleich im Ansatz deutlich mit "ja" zu beantworten.
Dies zog sich durch die gesamte, abwechslungsreiche Arbeit. Charly war und wurde durchgehend kooperativer. Er hörte besser zu und war generell feiner zu reiten.
Wichtig:
Wenn man das Training einschränken muss - durch Verletzung oder Krankheit - verlieren die antrainierten Fähigkeiten an Stärke. Der Reiter muss immer wieder die aktuelle körperliche und mentale Leistungsfähigkeit des Pferdes aufnehmen und die Zusammenarbeit von diesem Punkt an ausbauen.
Nachdem wir Charly wegen seines Spatbefundes zunehmend aus dem Training nahmen, kamen immer stärker seine alten "Macken" zurück. Sein alter Unwille und die Schwierigkeit, ihn beim Reiten kooperativ zu halten, kehrten teilweise zurück.
Unsere gemeinsame Arbeit hatte ihn charmanter und selbstbewußter gemacht - ein Schelm, selbst im hohen Alter.